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Arsen à la carte

Ein Krimi des dynamischen Duos Sophia R. und Katharina H.

Picture by Sophia & Katharina

Nur so ein kleines Vorwort…

Wer auch immer von euch das lesen mag… Hier eine kleine Warnung: Lesen auf eigene Gefahr. Die Autorinnen übernehmen keine Haftung bei Gehirnzellen-Verlust oder anderen Schäden.
Okay, im Ernst: Es geht um Mord; nur dass ihr schonmal Bescheid wisst. Aber, liebe Leserin oder lieber Leser: Bedenkt stets, dass das hier nur eine reine Fiktion ist. Falls wir es an manchen Stellen mit dem Humor (kann man das noch so nennen??) eurer Meinung nach etwas übertrieben haben, tut’s uns schonmal ein wenig leid… Das ist eben unser Schreibstil. Und an alle Meschen ohne Humor: PFOTEN WEG!! Hier seid ihr FALSCH!!

Und… Für den Fall, dass irgendwelche Lehrer*innen (insbesondere die, die uns kennen) das hier lesen sollten: Die obige Warnung gilt natürlich auch für Sie.

Also, wenn jemand TATSÄCHLICH schon bis hierhin gelesen haben sollte… Meine verehrten Damen und Herren, liebe hoffentlich nicht allzu jungen Kinder: Das Dynamische Duo präsentiert:

Arsen à la carte

Prolog

James Philip Doherty starrte auf den Bildschirm seines Lehrer-PCs.
Eingeloggt war: King, Henry
Und er hatte seine Tabs auf Microsoft Edge offen gelassen.

by Sophia & Katharina

Teil 1

4 Wochen später.

Julia Summer und Pierre Delacroix saßen gerade im Restaurant Mandarinee und genossen ihren freien Abend. Pierre erzählte gerade eine lustige Geschichte aus seiner Jugend und Julia hörte aufmerksam zu.
„Da hat Tony aber Glück gehabt, dass Taylor den Fernseher ausgeschaltet hat, bevor Tim reingekommen ist. Wäre ja echt verstörend gewesen, wenn ein 11-jähriger etwas wie Sex and the City sehen würde“, lachte Julia, und Pierre grinste sie an. Und auf einmal ertönte ein lauter Schrei aus der Küche, doch dann war alles still, was vielleicht daran lag, dass niemand etwas sagte und jeder zur Küche starrte.
„Was war das denn?“, wunderte sich eine Frau am Tisch nebenan. Doch ihre Begleitung sagte nur mit einer rauen Stimme: „Komm, Babe, konzentrier dich auf mich, Roberta.“
Julia unterdrückte daraufhin ein Lachen. Kurz darauf schien der Schrei bei den Gästen vergessen zu sein, und auch Julia und Pierre unterhielten sich ausgelassen weiter.
Die beiden waren Arbeitskollegen und arbeiteten als Polizeibeamte in London-Hampstead, heute jedoch wollten sie ihre Köpfe von ihren Fällen frei haben.

Teil 2

Ein paar Minuten zuvor in der Küche.

Binny Bennett, 20 Jahre jung, erstarrte und blickte ihn an.
ER.
Er war gerade dabei, weißes Pulver in den Topf mit – was war da eigentlich drin zu mischen. Sie traute ihren Augen kaum. Was war das für Zeug, was er in die Brühe gab? Und wo war eigentlich Christian, der Chefkoch? War der etwa eine rauchen? Klärte er gerade wieder ein neues Girl?
„B… Binnetta, was machst du denn hier?“, fragte er geschockt. Er war weiß im Gesicht, fast so weiß wie das merkwürdige Pulver, das vor ein paar Sekunden in einem der Töpfe verschwunden war.
Binny überlegte nicht lange. Sie war sich sicher, dass er nichts Gutes im Schilde führte. Und vor einigen Wochen hatte er gedroht. Du wirst es bereuen, hatte er ihrer Mutter Annette gesagt.
Bereuen.
Was hatte er vor?

Teil 3

Als Julia zwei Tage später im Büro der West Hampstead Police Station ankam, drückte man ihr und einigen Kollegen gleich den nächsten Fall in die Hand:
Henry King, 45 Jahre alt, geschieden, Chemie- und Physiklehrer, als vermisst gemeldet.
„Seine Mutter Deborah King lebt in Bath und hatte in den letzten zehn Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn“, erklärte Detective Inspector Frank Edwards seinen Kollegen. „Durch die Informationen von Robin Smith, dem besten Freundes unseres Vermissten, wissen wir, dass Henry King zuletzt samstags, um 05:17 Uhr abends auf einem Messanger-Dienst online war. Eine Ortung des Handys war noch nicht möglich. Ich würde folgendes Vorgehen vorschlagen: Elliot, Julia, Augusta – ihr kümmert euch um das persönliche Umfeld von Mr King. Isabella, Marc – ihr befragt noch einmal Mr Smith.“
„Und was machst du?“, fragte Augusta Summer, Julias ältere Schwester, neugierig.
„Ich werde der Kriminaltechnik einen Besuch abstatten und mal gucken, wie’s mit den Handy-Daten ausschaut. Fragen?“
Kopfschütteln.
„Dann uns mal viel Erfolg!“

„Annette Bennett?! Die Annette Bennett?! Was zum… Das ist die Besitzerin vom Mandarinee, dieses Restaurant in der High Street!“ Julia blickte Augusta und Elliot Gibson leicht schockiert an.
„Genau die“, bestätigte da ihre Schwester. „Verheiratet von Dezember 2019 bis März dieses Jahres. War wohl nicht gerade die große Liebe.“
„Warte mal“, schaltete sich Elliot ein. „Du kennst sie?“
„Ja, nein, also, irgendwie. Ist kompliziert“, antwortete Julia. „Ich kenne eine ihrer Töchter flüchtig. Und außerdem… Ich war letztens in ihrem Restaurant.“
„Lass mich raten, mit Pierre Delacroix von der Holloway Police Station?“, grinste Augusta.
„Jaah, und?“, schnappte Julia.
„Ist er mit Eugène Delacroix verwandt?“, scherzte Elliot. Julia stöhnte genervt.
„Der Maler von Die Freiheit führt das Volk?“, vergewisserte sich Augusta.
„Exakt.“
„Dann hab ich im Geschichtsunterricht doch noch etwas mitbekommen.“
„LEUTE! Wie wär’s, wenn wir mal weiter arbeiten würden?“, meldete sich da Julia wieder zu Wort.
„Sorry. Bin wohl mal wieder abgedriftet“, sagte Augusta. „Also, Henry King war mit Annette Bennett verheiratet. Er hat aktuell keinen Kontakt zu seiner Mutter gehabt. Sein bester Kumpel ist Robin Smith, der ihn schließlich als vermisst gemeldet hat.“
„Klingt ja nicht gerade viel“, meinte Julia.
„Lasst uns mal sein Arbeitsumfeld prüfen“, schlug Elliot vor. „Lehrer an der Grammar School in Beaconsfield. Wer möchte die Schulleitung anrufen?“

„Mittagspause, woohoo, woohoo, woohoo!“, jubelte Joanna „Jo“ Bright, eine Kollegin und gute Freundin von Julia.
„Wie geht’s? Gibt’s was Neues?“, fragte Julia sie.
„Vergiftungen in einem Restaurant in der High Street“, erzählte Jo. „Um die sechs Leute sind betroffen. Zwei von ihnen sind bereits vorgestern verstorben. Alle haben Symptome wie Erbrechen, Durchfall und Krämpfe aufgewiesen. Wir gehen davon aus, dass einige der Gäste mit Arsen vergiftet worden sind. Die Besitzerin bestreitet alles“
Julia fühlte irgendetwas in ihrem Körper fallen.
„Sag mal, Jo, wann wurden die Leute vergiftet?“, fragte sie vorsichtig.
„Samstagabends.“
„Welches Restaurant?“
„Warte mal, ähm, irgendwas Merkwürdiges… Mandarinee.“
„Oh scheiße.“
„Ist was?“
„Ich… Ich war an dem Abend dort. Ich war mit Pierre dort essen…“
Jo wurde blass.
„Es hätte auch euch treffen können“, murmelte sie.
Samstagabend.
Da war doch noch was an diesem Tag.
Julia überlegte.
Henry Kings aktuell letztes Lebenszeichen.
Und Henry King… Ist der Exmann der Besitzerin des Mandarinee.
Im Mandarinee wurden an diesem Abend sechs Leute vergiftet. Vermutlich mit Arsen. Alles nur ein Zufall? Eher nicht. Zu viele Verbindungen gab es zwischen diesen zwei Fällen.

Teil 4

Ein paar Stunden später, in München. Calvin Big stöhnte. Wieder diese Schüler, die die wichtigsten Regeln nicht kannten! He, she, it – Das S muss mit! Konnte das denn SO schwer sein??
„Wenn ich das noch einmal sehe, werde ich Urlaub beantragen müssen“, fluchte er vor sich hin. Der 44-jährige Gymnasiallehrer für Englisch und Deutsch war gerade dabei, die Englisch-Schulaufgaben einer siebten Klasse zu korrigieren.
Tja. Und als er dann DIESEN EINEN Satz sah, griff er nach seinem Antistressball und quetschte ihn so fest er konnte.
What a looser.
Zwei.
O.
Bei dem Wort loser.
Ganz ruhig, dachte er. Reiß dich zusammen, Calvin Big!
Calvin atmete kurz tief durch, dann schnappte er sich sein Handy und machte seine Entspannungs-Playlist an. Im Shuffle. You’re the light, you’re the night, you’re the colour of my blood, you’re the cure, you’re the pain, you’re the only thing I wanna tou
Calvin klickte auf überspringen.
„Seit wann ist dieser Song bitte auf der Playlist?”, murmelte er dabei.
Er ließ Experience von Ludovico Einaudi laufen und widmete sich wieder seiner Arbeit. Drei Songs und eine Viertelstunde später, als Calvin gerade einen seiner Lieblings-Rotstifte in die Hand nahm, wurde One call away unterbrochen. Auf einmal sangen mehrere Stimmen I OH I OH I GOT ME FEELING DRUNK AND HIGH, SO HIGH, SO HIGH… Calvin warf vor Schreck seinen Rotstift durch den Raum. Ein Blick auf sein Handy genügte, um zu wissen, wer ihn anrief. James Philip Doherty, ein Kumpel aus seiner Schulzeit in England.

Calvin: „Hallo?”

James: „Hey, hier ist James!”

Calvin: „Hi! Was gibt’s?“

James: „Es geht um Henry VIII.“

Calvin: „Der, der die Church Of England gegründet hat?“

James: *seufzt*: „Nein, nicht der. Du weißt schon, Henry King! Chemie- und Physiklehrer.“

Calvin: „ACHSO! Ja, okay, aber… Wieso? Was ist mit ihm? Hat er jetzt endlich die Scheidung hinter sich?“

James: „Keine Ahnung. Seine Exfrau, diese Annette – Moment, darum geht’s hier nicht! Also, ja, es geht um Henry, aber nicht um sein Liebesleben. Obwohl, irgendwie schon…“

Calvin: „Komm zum Punkt, ich muss noch arbeiten!“

James: „Sorry. Also… Er ist verschwunden. Das heißt… Er gilt als vermisst.“

Calvin: „Oh! Und?“

James: „Was, und?“

Calvin: „Wie ist denn der Stand der Ermittlungen?“

James: „Ich bin Geolehrer, kein Polizist, Calvin, das weißt du doch.“

Calvin: „Natürlich weiß ich das. Ähm… Ist er vielleicht abgehauen? Oder hat er sich verlaufen, nachdem er mal wieder im Club unterwegs war?“

James: „Letzteres schließe ich aus. Wie kommst du bitte auf sowas?!“

Calvin: „Ähhh… Ist mir auch mal passiert.“

James: ,,BITTE WAS?!”

Calvin: ,,Egal. Jedenfalls…Ist das alles, was du sagen wolltest?“

James: „Oh, nein, noch lange nicht. Weißt du noch, vor ein paar Wochen, als ich  dir von seinen geöffneten Tabs erzählt habe?“

Calvin: „Das mit dem Arsen?“

James: „Ja, genau.“

Calvin: „Wieso fragst du? Komm, bitte, sag, ich hab noch eine Menge Arbeit zu erledigen und ich muss später – “

James: „Schon gut, also, es gab in einem Restaurant Kunden, die mit Arsen vergiftet wurden. Und das Restaurant gehört GANZ ZUFÄLLIG seiner Exfrau.“

Calvin: „Willst du damit sagen, dass du glaubst, dass… Dass Henry die Leute vergiftet hat, um es auf seine Ex zu schieben und dann abgehauen ist?“

James: *kurz sprachlos von Calvins Verstand* „G…Ganz genau. Was ist heute mit dir los?“

Calvin: „Ich hab gar nix gemacht, GAR NIX!“

James: „Hey, reg dich ab. Ich meine…Plötzlich kannst du sofort Schlüsse aus Gedanken ziehen.“

Calvin (empört): „PLÖTZLICH?! Ich konnte das SCHON IMMER.“

James: „Ja, okay…Denkst du, Henry hat was mit der Arsen-Geschichte zu tun?“

Calvin: „Es gibt nichts, was es nicht gibt.“

James: „Seit wann bist du denn so weise?“

Calvin: „Och, ich habe wohl die Weisheit in mir entdeckt.“

James (belustigt): „Gratulation…Darf ich für Sie nun eine Zitate-Sammlung erstellen? Weisheiten für das Leben mit Calvin Big?“

Calvin: „JAMES!“

James: „Okay, okay.“

Calvin: „Glaubst DU denn, dass Henry so weit gehen würde, um Leuten Arsen ins Essen zu mischen?“

James: „Um ehrlich zu sein… Ja. Und das ist auch das, was ich dann der Polizei sagen werde. Die haben mich nämlich wegen des Vermisstenfalls eingeladen.“

Calvin: „Oha!“

James: „Und…Sie werden wohl auch wissen wollen, wer noch alles so Henry gut kennt, also…Darf ich auf dich hinweisen?“

Calvin: „Klar, hab ja nix verbrochen, und außerdem hocke ich hier meilenweit weg im schönen Deutschland.“

James: „Sicher, dass du nichts verbrochen hast?“ *lacht*

Calvin: „He, vertraust du mir etwa nicht?“

James: „Doch, aber was war das nochmal während der Schulzeit, als du den Ausweis deines Bruders genommen hast, um in diesen Club rein zu kommen, warte mal, äh, mir fällt der Name grad nicht ein…“

Calvin: „James Philip Doherty! Hast du noch alle Rotstifte in der Mappe?! Du hast VERSPOCHEN, von dieser Sache NIE, NIE, NIE wieder zu sprechen!“ *zerquetscht Antistressball*

James: „Das Ganze ist doch über 20 Jahre her – Warte, sind wir so alt?!“

Calvin: „Du lenkst vom Thema ab, also, WIESO ERWÄHNST DU DAS?!“

James: „Gut, okay. Tut mir leid, dachte halt, dass es jetzt lang genug her ist, um’s mal wieder zu erwähnen. Sorry.“

Calvin: „Na schön. Zurück zu Henry: Hat er –“

*Calvins Frau Delphine ruft ihn zum Essen*

Calvin: „Oh, scheiße, muss zum Essen. Und – Ach, verdammt, die Korrekturen! Du, ich muss wirklich Schluss machen. Moment, irgendwas war noch… AHH! Ich muss noch Rotstifte kaufen!!“

James: „Kein Problem, verstehe, ich muss auch noch meinen Unterricht für morgen vorbereiten… Viele Grüße an Delphine und an deine Tochter. Tschüss!“

Calvin: „Richte ich aus. Bei Emma könntest du’s fast selbst tun – sie ist ja gerade in Cambridge. Auch liebe Grüße an Grace und an die Zwillinge. Tschüss, James!“

Calvin klickte auf den roten Hörer, um aufzulegen. Dann legte er sein Handy weg, verließ sein Zimmer und eilte die Treppenstufen runter. Um ein Haar wäre er dabei ausgerutscht, allerdings konnte Calvin sich noch abfangen. Er atmete kurz durch, dann ging er mit federnden Schritten in die Küche, um seiner Frau zu helfen.

Teil 5

„… sind Sie verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Ansonsten würden Sie sich der Falschaussage schuldig machen.“ Detective Inspector Frank Edwards sah James abwartend an, der schließlich nickte.
„Dann bestätigen Sie also, die Belehrung zur Kenntnis genommen zu haben?“, fuhr DI Edwards fort.
„Das tue ich“, antwortete James und rückte sich seinen Stuhl zurecht.
„Gut“, sagte der Beamte zufrieden. „Dann schildern Sie bitte nochmal, was Sie mitbekommen haben. Kurze Frage… Sie sind an der Grammar School in Beaconsfield tätig, richtig?“
„Richtig. Ist aber eine ordentliche Strecke von Hampstead nach Beaconsfield. Aber… Egal. Also, vor gut vier Wochen“, begann James, „wollte ich mich am Lehrer-PC einloggen, um nach Unterrichtsmaterialien zu schauen; ich unterrichte Geografie. Und… Henry war noch eingeloggt, und er hatte seinen Browser geöffnet. In einem der Tabs hatte er eine Website offen, von einem Chemikalien-Händler, und offenbar hatte Henry ein Arsen-Produkt angeklickt.“
DI Edwards sah James nachdenklich an.
„Haben Sie auch gesehen, was Mr King in den anderen Tabs geöffnet hatte?“, fragte er.
„Ähm… Lassen Sie mich kurz überlegen, da war nämlich was… Er hatte nach den Öffnungszeiten des Restaurants seiner Exfrau gesucht.“
„Das Restaurant Mandarinee? Betrieben von einer… Annette Bennett?“
„Exakt. Aber eine Frage hätte ich noch, sofern Sie diese beantworten dürfen.“
„Und diese wäre?“
„Glauben Sie, dass Henry für die Arsen-Vergiftungen im Mandarinee verantwortlich ist?“

Teil 6

Ein Tag später.

Robin Smith blickte auf sein Handy.

07:34 pm, You

Wo bleibst du?
In 10 min fängt der Film an

07:36 pm, You

Henryyyy
Sag mir nicht, dass wieder was dazwischen gekommen ist
Ich geh schonmal rein, ok?

07:43 pm, You

Henry?
Ist alles ok bei dir?
Kommst du heute noch?? Es läuft schon Werbung

07:46 pm, You

Fuck mann wo bleibst dz
*du

Alle Nachrichten ungelesen.
Nicht einmal zugestellt worden.

Es klingelte an der Haustür. Robin stand von seinem Sofa auf und eilte in den Flur. Er öffnete.
Zwei uniformierte Polizeibeamte.
„Mr Smith?“ Es waren Elliot und seine Kollegin, Isabella Raven.
„Uhhh, ja?“
„Elliot Gibson und Isabella Raven von der West Hampstead Police Station, wir müssten mit Ihnen sprechen.“
„Okay, ähm, also… Geht es um Henry? Henry King, meine ich, ich habe ihn als vermisst gemeldet und – “
„Ganz ruhig, Mr Smith“, sagte da Isabella. „Es geht um Henry King, ja, aber… Könnten wir rein und alles in Ruhe bereden?“
„Natürlich, also… Kommen Sie rein.“
Im Wohnzimmer bat Gibson Robin, sich hinzusetzen. Isabella wechselte einen Blick mit ihrem Kollegen, dann begann sie zu sprechen.
„Wie bereits erwähnt, es geht um Henry King. Er… Wurde heute Morgen von einer Joggerin tot aufgefund – “
„Nein.“ Robin sah zuerst Isabella, dann Elliot an. „Das ist… Das kann nicht… Fuck.“ Er stützte seinen Kopf mit den Händen ab.
„Unser aufrichtiges Beileid, Mr Smith“, sagte Elliot leise.
„Sie müssen nicht die weiteren Details hören, nicht jetzt, wenn Sie das nicht möchten“, fügte Isabella hinzu.
„Nein, nein, nein, ich… Erzählen Sie. Bitte. Ich muss es wissen, bitte.“
„Okay. Nun… Wir Ermittler gehen von einem Gewaltdelikt aus. Noch können wir keine genaue Todesursache nennen, es ist aber sehr wahrscheinlich, dass Mr King erstochen wurde“, erklärte Elliot.
„W… Wo wurde er gefunden?“, fragte Robin.
„Hampstead Heath, in einem der Teiche… Mr Smith, wir bräuchten alle möglichen Informationen zu seinem privaten Umfeld. Wenn Sie uns also dabei helfen könnten?“
„Ja, natürlich… Henry war mein bester Freund. Ich will wissen, was mit ihm passiert ist. Wer es war. Ich muss es wissen.“

Etwas später, in München. Calvin stand in seinem Klassenraum vor seiner ach so geliebten siebten Klasse.
„Also“, sagte er, „wer möchte seine Antworten präsentieren?“
Ein Mädchen in der zweiten Reihe meldete sich.
„Yes, please, uh… What was your name again?“ Calvin Big und Namen. Das wird wohl nie was.
„Ariel“, piepste das Mädchen und rückte seine Brille zurecht.
„WIE DIE MEERJUNGFRAU!“, rief da ein Junge. „Wortwörtlich Jungfrau“, fügte er hinzu und kicherte dämlich. Die Klasse lachte, und Ariel warf dem Jungen einen bösen Blick zu. Dann, mit milder Stimme, sagte sie:
„Dass DU das sagen musst, du Maultier. Verzeiht, Maultiere. Aber… Gabriel, wusstest du, dass Maultieren sich nicht fortpflanzen können? So einer wirst DU auch sein. Außerdem: Ist dein Sternzeichen nicht Jungfrau? Und wegen meinem Namen… Danke, das sehe ich mal als Kompliment. Meine Eltern haben sich wegen dem WASCHMITTEL für Ariel entschieden. Von Disney hatten die keine Ahnung.“ Ariel sah zu Calvin, der die Stirn runzelte. „Darf ich jetzt vorkommen?“
„Of course! Gabriel, I’ll talkt o you later“, meinte Calvin.
“WAS? Warum?!”, rief Gabriel empört.
“In ENGLISH please!”, entgegnete ihm Calvin. Doch dann ertönte der Gong, der die Pause ankündigte. Die Klasse wollte natürlich raus.
„Hey! Der LEHRER beendet den Unterricht, nicht der Gong!“ Als dann auch noch Calvins Handy klingelte (oh shit, er hatte vergessen, es auszuschalten!), gab er es auf.
„ACH, was solls. Macht als Hausaufgabe im Workbook die Seite 19. Alle, die ihre Ex noch nicht abgegeben haben, legen sie mir bis spätestens übermorgen ins Fach. Keine Ausreden! Und jetzt… Schöne Pause!“

Calvin: „Ja?!“

James: „CALVIN!!!! HENRY VIII!! ER IST TOT! SEINE LEICHE WURDE GEFUNDEN!!!!“

Calvin: „Sag doch nicht dauernd Henry VIII! Warte- WAS?! Er ist… TOT?! W…Wo…Wurde er gefunden??“

James: „Hampstead Heath. In einem der Teiche. Er wurde anscheinend erstochen, oder so.“

Calvin: „Heilige Peperoni! Hat die Polizei schon Verdächtige??“

James: „Keine Ahnung. Vielleicht Annette. Du weißt schon, seine Ex.“

Calvin: „Diese eine Stripperin?“

James: „Was?! Nein! In welchem Jahrzehnt lebst du bitte?! Ich meinte die mit diesem komischen Restaurant. Wie heißt das noch gleich… Mandarinee.“

Calvin: „Ach, stimmt, es waren ja zwei Annettes. Dann…War’s also die aktuelle Annette? Annette Bennett? Die Mutter von diesem Mädchen… Bonny…Nein, wie hieß sie nochmal? Banny?“

James: „Meine Güte, Calvin! Sie hat 5-linge! Banny, Benny, Binny, Bonny und Bunny. Übrigens ist sie schon wieder schwanger. Mal wieder ein Mädchen. Der arme Benny.“

Calvin: „Warte, was? SCHWANGER?! Schon wieder?! Von wem??“

James: „Was heißt hier denn schon wieder? Nun… Ich glaub, sie hatte eine Affäre mit irgendeinem Claus.“

Calvin: „Was denn für ein Claus? Santa-Claus? HAHA! Ähm, sorry. Also, zurück zu Henr –“

Mädchen aus der Klasse: *kommt eilig auf Calvin zu* „Mister Big! Können Sie vielleicht schnell kommen? Der Gabriel hat gerade Tanja die Treppen runtergeschubst!“

Calvin: „Ähm, sofort, Janette…Warte, WIE BITTE?! – JAMES! Ich muss Schluss machen! Ich ruf dich heute Abend zurück!“

James: „Calvin?! Wehe du legst jetzt auf! CALVIN!“

Tja. Calvin legte auf.
„Janette! Warte!“

Teil 7

Es war kurz vor Mitternacht, als Julia Summer ihre Wohnungstür hinter sich schloss. Der Tag war stressig gewesen: Die Arsen-Vergiftungen, Henry Kings Mord, Mr Dohertys Aussage… Alles hing irgendwie zusammen.
Normalerweise gelang es Julia gut, ihr Privatleben von der Arbeit strikt zu trennen. Doch diesmal war es anders. Sie war vor Ort, als es passierte, sie hatte einen Schrei aus der Küche gehört. Und das Schlimmste: Sie hatte nicht gehandelt.
Plötzlich schienen alle möglichen Erinnerungen ihr durch den Kopf zu schießen.
Ihr ehemaliger Verlobter, Luci, den sie seit Monaten nicht mehr gesehen hatte, und ein wenig vermisste. Es war schmerzhaft gewesen, als er fortgegangen war, in ein ihr fremdes Land.
Die aufdringliche Binnetta Bennett, die ihm immer hinterher gerannt war. Was hatte Luci nochmal dazu gesagt? Wenn Binny eine Figur in ‘nem Comic wäre, hätte sie Herzen als Augen.
Julia grinste bei diesem Gedanken.
Doch plötzlich verschwand das Grinsen. Stattdessen machte etwas in ihrem Gehirn DING DING DING.
Verdammt.
Binny.
Wenn Henry Kings Exfrau Annette Bennett ein Motiv hatte, ihn zu töten, dann auch ihre Tochter.

          Teil 8

„Es ist nicht, wie Sie denken.“ Binny sah Julia und Jo flehend an.
„Und wie ist es dann?“ Jo schlug mit der Faust auf den Tisch des  Vernehmungsraums. „Sagen Sie doch die Wahrheit. Wenn Sie hier ein Geständnis ablegen, kann das strafmildernde Auswirkungen auf Sie haben. Also, was ist am Abend des 30. Juni passiert?
Binny sackte auf ihrem Stuhl in sich zusammen.
„Okay.“ Sie zögerte kurz, dann fing sie an zu erzählen. „An diesem Abend… Ich bin in die Küche gegangen, und dann… Da war plötzlich Henry. Und er hatte irgendwas in die Brühe gekippt, irgendwas weißes. Er hat mich gesehen und ich hatte Angst, er würde mir etwas antun… Als er noch mein Stiefvater war, da ist er so oft ausgerastet. Und nach der Scheidung hat er meiner Mutter gedroht…“ Binnys Stimme brach ab.
„Ms Bennett. Haben Sie Henry King ermordet und die Leiche anschließend in einem der Teiche des Hampstead Heath versteckt?“, fragte Julia leise.
„Nein! Oh Gott, nein, nein, nein! So war das nicht, NEIN! Ich… Es war meine Mutter.“
„Annette Bennett?!“ Jo blickte erst ihre Kollegin, dann Binny an.
„Ja“, sagte Binny zitternd. „Das ist die Wahrheit. Ich wollte nur nicht… Sie ist doch meine Mutter!“
„Was genau ist passiert?“, hakte Julia nach.
„Ich war ja in der Küche mit Henry. Und dann ist meine Mutter plötzlich reingekommen. Und… Es ging alles so schnell. Mum sieht ihn, greift nach einem Fleischmesser – keine Ahnung, woher sie das so schnell hatte, aber na ja, es ist ja eine Küche – und… Am Anfang hat sie Henry nur gedroht. Aber auf einmal… Ich weiß es nicht mehr so genau; Mum muss auf ihn losgestürmt sein. Mit dem Messer. Oh Gott, da war so viel Blut. Sie hat mich dazu gezwungen, niemandem darüber zu erzählen. Und ich habe ihr dann geholfen, die Leiche zu beseitigen und die Küche zu reinigen.“
„Was haben Sie mit der kontaminierten Brühe gemacht?“
Plötzlich weiteten sich Binnys Augen.
„Oh fuck“, entfuhr es ihr. „Entschuldigung“, schob sie schnell hinterher.
„Was, oh fuck?“, fragte Jo, leicht irritiert.
„Ich… Nachdem ich meiner Mutter erzählt habe, dass Henry was reingemischt hat, meinte sie, sie würde sich darum kümmern. Oh Gott. Sie muss es vergessen haben. Dann… War das Zeug darin… Arsen?“
„Ms Bennett… Noch können wir Ihnen dazu nichts genaueres sagen.“ Julia holte tief Luft. „Was wir Ihnen aber sagen können ist, dass Sie somit entlastet sind. Wenn man mal von Strafvereitelung absieht.“
„Was wird jetzt mit meiner Mutter?“
„Ein paar Kollegen von uns werden Sie aufsuchen. Durch Ihr Geständnis ist die Beweislast sehr erdrückend. Über das Urteil wird dann ein Gericht entscheiden. Mord an Henry King. Zweifache fahrlässige Tötung und vierfache fahrlässige, teils gefährliche Körperverletzung. Das sieht nicht gerade sehr gut aus für Ihre Mutter.“ Jo warf einen Blick zu Julia, die nur nickte.
„Ich denke, das wär’s dann erstmal“, sagte Julia. „Sie sind hiermit entlassen.“

Epilog

Es war mittlerweile der dreizehnte August, und Calvin Big betritt gemeinsam mit seiner Frau den Flieger von München nach London-Heathrow. Die Maschine, ein glänzender Airbus A320neo, betrieben von British Airways, stand am Gate und wartete darauf, losrollen zu dürfen.
Nachdem Calvin und Delphine ihre Sitzplätze eingenommen hatten, und ein Flugbegleiter die Sicherheitshinweise erläutert hatte, ging es los. Langsam wurde das Flugzeug vom Pushback aus der Parkposition zurück geschoben. Calvin beobachtete alles vom Fenster aus. Nach mehreren Minuten rollten sie endlich vom Taxiway auf den Runway.
„Cabin crew, prepare for take-off“, kam es vom Captain aus den Lautsprechern.
Dann fingen die Triebwerke an, vollen Schub zu liefern. Durch die hohe Geschwindigkeit wurden die Passagiere in ihre Sitze gedrückt. Und schließlich hob das Flugzeug ab, und der Münchner Flughafen wurde immer kleiner, bis er nicht mehr zu sehen war.

Der Flug verlief ohne Zwischenfälle. Ein paar leichte Turbulenzen, und selbst Calvin, der ordentlich Respekt vorm Fliegen hatte, war entspannt. Das Anschnallzeichen ging an, und Calvin wusste: Es war Zeit für den Landeanflug. Das bestätigte dann auch kurz darauf einer der Piloten über die Lautsprecher.
„Cabin crew, prepare for landing.“
Das Flugzeug sank langsam und ruckelnd durch die Wolken, und schließlich war das Rollfeld vom Fenster aus zu sehen.
Die Maschine setzte weich auf der Landebahn des Airport London-Heathrow auf.
Weich und Heathrow, eigentlich ein Weltwunder.
„Cabin crew, all doors in park.“

„CALVIN!!“ James winkte seinem besten Freund zu, als dieser mit seiner Frau in der Ankunftshalle ankam. Hinter James stand seine Familie: Seine Frau Grace und seine 15-jährigen Zwillinge Jordan Rose und Charlie Louis.
Die Erwachsenen umarmten sich alle nacheinander. Jordan und Charlie beobachteten die Situation grinsend.
„Wie war der Flug?“, fragte Grace.
„Ganz entspannt eigentlich“, antwortete Calvin.
„Calvin hat kein einziges Mal zur Kotztüte gegriffen“, fügte seine Frau lachend hinzu.
„Wow, ich bin stolz auf dich!“, lachte James. „Komm, das Konzert wartet, und davor solltet ihr zwei lieber nochmal zu uns mit nachhause kommen!“

Das Wembley Stadium bebte.
Fans sprangen auf und ab, ihre farbig leuchtende Armbänder bildeten eine funkelnde und blitzende Masse. Der Lead-Sänger stimmte die letzte Zeile des Songs an, und seine Stimme füllte das ganze Stadion. Die Drums tickten noch leise im Hintergrund, der Bassist zupfte tiefe, aber sanfte Töne, die Gitarre vollendete schließlich ihren Riff. Der letzte Ton schwebte noch in der Luft. Es wurde still – für einen kurzen Moment. Und dann brach wieder der Jubel aus.

Danksagung

Wir danken Herrn Kobrynskyy für ein sehr interessantes Interview und für ein mindestens genauso interessantes Feedback für unseren ersten Entwurf; Herrn Müller ebenfalls für ein hilfreiches Interview und Frau Baudach, die mit dem Wahlkurs Bildbearbeitung dieses Projekt ins Leben gerufen und unterstützt hat.
Sofa (aka Sophia) dankt auch Feli und Hend aus der 8B, zwei wundervolle Erstleserinnen!
Katha (aka Katharina) dankt hiermit ebenfalls den soeben genannten Mädels.